Die Verwirrungen des Zöglings Törleß
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Die Verwirrungen des Zöglings Törleß

Genre
Roman
Autor
Robert Musil
Verlag
Manesse
Erscheinungs­datum
25.03.2013
Erscheinungs­form
Gebundenes Buch, Leinen mit Schutzumschlag, 320 Seiten

Bewertung

Thomas Treichel, Dec 2013

4 / 5 Sternen

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Adoleszenz ist immer schon und überall Problembehaftet gewesen. Aus einem Kinde dringt ein Jugendlicher hervor, aus dem wiederum ein Erwachsener, nicht erwachsend, sondern sich mehr oder weniger schmerzhaft aus den Vorstadien hervorschälend. Das dem so ist, gibt dies, wie immer bei der Bibliothek der Weltliteratur vom Manesse-Verlag, wunderhübsche, handliche und einfach gut gemachte Büchlein Auskunft. Exemplarisch am jungen Törleß, welcher ein Internat besucht, das also die Handlungen desselben Hauptakteurs beherbergt und rahmt.

Da taucht unter anderem die Sexualität im Jüngling auf, und trägt zur inneren Wirrnis das ihre bei. Dies wie eine zuvor unbeachtete Blume am Wegesrand, die eines Tages, man hat es gar nicht bemerkt, Blüten trägt. Erst sehr kleine, kaum farblich bestimmbar, noch in schüchternem Grün versteckt. Und es ist verwirrend dies zu sehen, dies an dem persönlichen Lebensweg anzutreffen, wenn man es zuvor nie sah, es ist neu und spannend, macht aber auch etwas Angst und macht hilflos, dem Wechselbad der Gefühle gegenüber, welches also ausgelöst ward.

Hinzu tritt ein ungeheures Ereignis, so wird es jedenfalls wahrgenommen in dem abgelegenen Internat, unter den Zöglingen, wo sonst Eintönigkeit und Strenge den Alltag bestimmt. Es ist Geld gestohlen worden. Verschiedenen der Zöglinge durch einen von ihnen. Und ein Verdächtiger ist gefunden und „Beweise“ auch. Die Frage lautet: Wie geht man mit dem Beschuldigten, oder kräftiger, dem Verräter/ Verbrecher um?

Hier beginnt der Dreh- und Angelpunkt zu eiern. Zwei der Studierenden, es sind die Rädelsführer, die Alpha-Tiere unter den Zöglingen, beide mit eigener Verwirrtheit ausgestattet, beschließen den erpressbar Gewordenen für ihre psychologish-soziologischen Menschenversuche auszunutzen (die ins Extrem menschenverachtend ist und einen seherischen Blick in eine braune Zukunft schon voraus weisen, dies bereits 1906). Der Nachwortautor verweist hierbei sehr klug auf Nietzsche und dessen konstatierten „Willen zur Macht“ , welcher in beiden wirkt und sie mehr und mehr korrumpierend weiter gehen lässt, längst die Menschlichkeit ihrer selbst leugnend und noch weiter. Drangsalierend. Was kann man einem Menschen alles antun, ohne ihn ganz zu zerstören und wenn man das erfährt oder eben nicht, wie weit ist dann der Schritt ihn doch noch zu vernichten? Es ist die bösartige Neugier kleiner Jungen die Ameisen oder entlaufene Katzen quälen und/oder töten, nur ist sie mit einer Rationalität betrieben die den Humanismus verleugnet, um zu sehen was es mit dem Schmerz des anderen, vielleicht mit dessen Tode, auf sich habe.

Törleß nun ist, er weiß selbst nicht recht wie, ein Vertrauter der Beiden. Er wird in diese Geschichte hineingezogen, seine moralischen Einwände werden hinweggefegt und schließlich ist auch er von Neugier ergriffen, wenn auch einer anderen. Also lässt er es geschehen, was er jederzeit mit einer Anzeige der Geschichte beim Dekan hätte beenden können. Als es jedoch noch grausamer zugehen soll und er auch auf zwiefach andere Art das Opfer zu sehen beginnt. Entscheidet er sich zu handeln. Was er tut möge jeder den es interessiert selbst herausfinden. Hinzu wird er erfahren wie dies Törleß verändert und was nun mit ihm noch geschehen wird.

Man merkt eigentlich allen Texten Robert Musils an, dass ihr Autor literarisch und philosophisch einiges an Potenz in sich vereinte, wenn er auch da er aus der Zeit fiel und aus der Gesellschaft, im Schmerz seines mitunter sehr verzweifelten Denkens diese Werke gebar. Von der Qualität dieser muss nicht geredet werden, sie ist klar und deutlich jedem offenbar, der zu diesem oder anderen seiner Bücher greift.

Wer mag findet konkret in diesem womöglich eigene Erinnerungen wieder, wie es war so zu wachsen und manchmal zu verwachsen. Es ist Sensibilität in Törleß, eine Aufmerksamkeit die sich nach innen richtet, welche über sein Alter hinausgeht, eine größere Reife anzeigt. Mit der jedoch kann seine Jugendlichkeit noch nicht recht etwas anfangen. Musil soll, nach dem Nachwortschreiber, hier auch eigene Erfahrungen verarbeitet haben. Das kann beklemmend wirken, aber auch einsichtsvolle Erkenntnis-Gewinne bringen. Welch Letztere sich übertragen lassen, auf den Leser selbst, vielleicht, der sich einmal besehen kann und fragen: Und wie war ich? Und was tat ich?

Wer will, kann hier ein wenig nach sich selbst forschen, einen schlicht und einfach guten Roman lesen und/oder sich Lust holen, für ein größeres, aber nicht minder empfehlenswertes, Werk von Robert Musil, den „Mann ohne Eigenschaften“. Alle drei, das Lesen begleitende und durchsetzende Vorgänge, seien hiermit wärmstens anempfohlen.

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