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Die Firma - Interview

Titelmotiv -

Seit 10 Jahren erfolgreich im HipHop-Geschäft, weit über eine halbe Million verkaufter Platten, mittlerweile das fünfte Album und immer wieder ein eigener, unvergleichlicher Stil, der im deutschsprachigen HipHop seines gleichen sucht...das Kölner Trio „Die Firma“ ist, bei den aktuell schwer angesagten Ghetto- und Gangster-Attitüden hierzulande, inzwischen eine Ausnahmeerscheinung. Tiefgehende Texte über alle guten und schlechten Facetten des Lebens, untermalt von eingängigen und durchweg passenden Beats, schaffen eine große musikalisch-thematische Bandbreite und sind für das VIBE magazine Grund genug bei den Jungs mal genauer nachzufragen!

Nun ist es fertig, das fünfte Album mit dem prägnanten Titel „Goldene Zeiten“. Wie steht ihr selbst zu eurem Werk? Spiegelt der Albumtitel eure momentane Lebenssituation wieder? Was war euch bei dieser Veröffentlichung besonders wichtig und welche persönliche Entwicklung verbindet ihr damit?
Tatwaffe: Nachdem wir viele verschiedene Titel verworfen hatten, kam Daniel die Idee zu „Goldene Zeiten“, und ich habe sofort gesagt, „das isses!“. Der Titel passt wie die Faust aufs Auge. Zum einen ist er ein Gegenentwurf zur Schwarzmalerei im momentanen deutschen HipHop und er fängt unser Lebensgefühl gut ein. Da wir mit „Die Eine 2005“ einen großen Erfolg gefeiert und in Deutschland und Österreich Gold bekommen haben, passt er halt. Und privat sind Daniel und ich Väter geworden. Wir sind glücklich verheiratet und müssen nicht hungern. Statt also zum xten mal zu sagen, wie hart alles ist, läuten wir lieber die „Goldenen Zeiten“ ein. Außerdem wird der Titel vielleicht eine „self fullfilling prophecy“.

Meiner Meinung nach ist „Goldene Zeiten“ von Anfang bis Ende ein echt gelungenes Album, thematisch abwechslungsreich und mit einem jederzeit ansprechenden Wortwitz in den Texten. Aber wie ist eure subjektive Meinung? Habt ihr eigene Lieblingstracks oder gibt es Sachen, die ihr vielleicht gern noch verändert oder verbessert hättet?
Tatwaffe: Ändern will man immer etwas, wenn man seine eigenen Songs hört, aber gerade bei Rap-Musik sind die spontanen Dinge oft die besten. Und der Aspekt einer Momentaufnahme ist auch wichtig. Wenn man also im ersten Moment sagt, das ist gut, dann sollte man später auch nichts ändern. Denn im Moment des Aufnehmens war es authentisch. Meine Favoriten sind zum einen natürlich „Wunder“, da es um die Geburt meines ersten Sohnes geht und „Wenn wir uns sehen“, der Song der meiner verstorbenen Oma gewidmet ist und Nestis Mutter und einem gemeinsamen Freund von Benski und mir, Tweety, der viel zu früh gestorben ist. Aber auch „Die Neue Welt“, der Science Fiction Song, gefällt mir sehr gut, oder „Ihr wisst wie ihr heißt“. Es ist schwer einzelne Songs bei einem Firma Album zu picken, da wir ja das ganze Leben abarbeiten und alles zusammen gehört.

„Die Firma“ hat einen ganz eigenen Sound, der ja auch von Album zu Album konsequent weiterentwickelt wurde. Seid ihr dabei oft auf Widerstände getroffen oder hattet ihr das Glück euch musikalisch problemlos frei entfalten zu können? Wie würdet ihr selbst eure aktuelle Musik beschreiben?
Tatwaffe: Wir haben uns nie an irgendwelche Trends angepasst. Das ist bis heute so geblieben. Wir haben außerdem keine Berührungsängste vor bestimmten Themen. Wir rappen über Liebe, Politik, Glauben, Tod und Trauer. Und wenn es sein muss, gibt es auch mal ne Seite Punchlines und Battleraps. Wir erzählen Storys, die die Weltgeschichte umspannen, von der Vergangenheit in die Zukunft. Das macht uns aus, hat uns aber auch oft Probleme bereitet, weil wir bei den Medien in keine Schublade passen. Wir sind halt nicht die „Dissrapper“ oder „Schmuserapper“ oder „Witze-Erzähler“. Wir sind Die Firma und das Leben ist unser Thema.

Das insgesamt positive Lebensgefühl auf „Goldene Zeiten“ ist deutlich spürbar und neben den alteingeschworenen Fans werden sicher zahlreiche neue hinzukommen. Wie wollt ihr diesem Ansturm gerecht werden? Gibt es eine Tour zum Album? Oder sind sogar schon neue Projekte in Planung?
Tatwaffe: Es wird sicherlich eine Tour geben, aber im Moment arbeiten wir erstmal an „Goldene Zeiten“- das Album. Sprich wir führen Interviews, machen Promo usw., dann kommen die Auftritte. Auf www.diefirma.com kann man die Dates checken. Und ansonsten sammele ich gerade Ideen für das nächste Album.

Bei dem Track „Ihr wisst, wie ihr heißt“ haltet ihr euch mit direkten Aussagen zu „Rapkollegen“ ja absichtlich zurück. Reicht euch diese Art der „Abrechnung“ oder gibt es dennoch Leute, denen ihr gern mal direkt ins Gesicht sagen würdet, dass ihre Arbeit den deutschen HipHop in die falsche Ecke drängt? Wenn ja, dann sagt es doch einfach hier!
Tatwaffe: Ich wollte mit dem Song das Geschäft des Dissens analysieren und aufzeigen, dass es Unterschiede gibt. Es gibt Rapper, die sich dissen, weil sie persönlich nicht mehr klarkommen, da ist es völlig ok. Aber andere kennen sich gar nicht und haten einfach, sprich sie neiden die Karriere von jemand anders. Das ist armselig. Es ist gut, um ins Gespräch zu kommen. Die Medien springen da schnell drauf an. Dissen ist der neue Ausverkauf von heute. Und wenn mich jemand disst, dann nenne ich seinen Namen nicht, weil ich nicht will, dass er dadurch noch mehr Aufmerksamkeit bekommt. Wie ich im Song schon sage, „durch mich verdient ihr keinen Cent, nicht einen einzigen“. Die Leute die mich gedisst haben, wissen ja wer sie sind.

Zum Abschluss des Interviews noch eine Frage zu euren Zukunftsplänen. Familie, Freunde und Erfolg, den ihr mit Platten wie dieser definitiv haben werdet, und die damit verbundenen Pflichten unter einen Hut zu bringen, ist sicher schwierig. Wie wird sich „Die Firma“ in Zukunft entwickeln? Wollt ihr kürzer treten oder mit der Familienbande im Rücken weiter voll durchstarten?
Tatwaffe: Ich bin kein Typ, der seine Zukunft genau durchplant. Ich lasse das Schicksal gerne mit entscheiden. Bis jetzt bin ich da ganz gut gefahren. Momentan will ich auf jeden Fall in zwei, drei Monaten neue Songs für das sechste Firma Album schreiben und aufnehmen. Ob meine beiden Söhne da mitspielen, wissen nur sie selbst und Gott (lacht). Familie und Musik gingen bei mir aber immer Hand in Hand, und meine Frau (Die Eine) war bei Auftritten immer dabei, bis unser Sohn zur Welt kam. Ich hoffe, das bleibt auch so.

Text und Interview: Michael Möbius

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