Adorno in Neapel
- Genre
- Sachbuch
- Autor
- Martin Mittelmeier
- Verlag
- Siedler Verlag
- Erscheinungsdatum
- 26.08.2013
Bewertung
, Nov 20133 / 5 Sternen
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Was soll man nur dazu sagen? So man ein Rezensent ist. Ein Buch geht ein, klappt auf und von Kapitel zu Kapitel, von Bild zu Bild und von Rückschluss zu Rückschluss wird es gelesen. Wenn Zeit, oder man im flow ist. Heute in unserem Kursus, „Wie schreibt man Rezensionen?“, eine schwierige Aufgabe. Vielleicht einfach mal Einiges an Erfahrenem nacheinander aufzählen, um es im zweiten Schritt einzuordnen und in dieser Ordnung Drittens zu bewerten, mit dem Maß eigener Kompetenz, die das Leben nun einmal zusammenstellte, ohne Ansehen und Rücksicht, ob der anstehenden Aufgabe.
Auf denn nun also: Es beginnt mit Lokalkolorit, Dank der Rekonstruktion einiger Wegpunkte, welche Theodor Ludwig Wiesengrund Adorno in jungen Jahren auf einer Bildungsreise gen Neapel besuchte. Damit einhergehend werden Menschen vorgestellt, welche gleichsam dort weilten, bzw. mit denen er zusammentraf. Diese Personen sind selber Figuren der Zeitgeschichte und keineswegs die Unwichtigsten. Diese Vorstellung bietet also zweierlei, Berühmtheiten wie etwa Walter Benjamin, Siegfried Kracauer und Alfred Sohn-Rethel, sowie historisches Ereignen, in spannender Zeit. Zur Kulturgeschichte wird hier allerlei an Orten, Daten und Begebenheiten aufbereitet. Name-dropping ist dabei Trumpf.
All dies liest sich im Zusammenhang mit Biographischem und Bindung zum Werk von Adorno. Letzteres wird in einigen Bereichen etwas näher beleuchtet, bleibt hierbei jedoch meist an der Oberfläche, bzw. wird dort vertieft wo der Autor Verbindungen meint aufgespürt zu haben, Pfade die von der erlebten Realität Adornos, eben in und um Neapel, auf direktem Wege in sein damaliges oder späteres Schreiben eingehen sollen. Diese werden entweder re- oder konstruiert. Ersteres ist in seiner Gesamtheit viel bewegt. Jedoch eine vollwertige Biographie macht, davon zu erfahren, dann doch etwas mehr Sinn. Wiewohl anzunehmen ist, dass der Autor dies nicht leisten wollen konnte, da ihn eben einige andere Dinge beschäftigten.
Diese sind wohl solche, die der Frage nachgehen wie sich im Rahmen der Reise Adornos dessen Werk womöglich besser verstehen lässt, bzw. in wieweit sich Konsequenzen auf das all-so Werden von Adorno, eben durch das Eingehen von Erfahrungen, die mit Bedeutung aufgeladen sind, welche sich in sein Wesen ergossen. Eine schwierige und bisweilen sehr spekulative Geschichte dies. Auch weil es eine ausgesprochen tiefe Einarbeitung in Adornos Werk voraussetzt, diese scheint der Autor auch wirklich auf sich genommen zu haben. Vor allem geht es ihm um Begriffe wie, „Porosität“, „Konstellation“, „Einlegen von Bedeutung“, welchen, und mehr noch von diesen, Anekdoten zugeordnet werden, die sie erklären sollen, bzw. eventuell die Grundlage der Erklärung bereitstellen.
Das zu verstehen ist für den philosophischen Laien schwierig, jedoch nicht unmöglich. Aber wohl Anstrengungsreich, was vielleicht die Frage nahe legt, ob denn dies Buch auch einem Nicht-Fach-Publikum zu empfehlen sein kann. Zweierlei die Antwort, einerseits: Nein. Man sollte lieber mit einer Biographie starten oder direkt zu einem (nicht ganz so schweren) Werk Adornos greifen. Andererseits, dies Buch von Mittelmeier ist ein Einführendes, gleichzeitig aber ein Fortführendes... . Manchmal ist da ein sehr kluges Zitat und manchmal etwas das nach bloßem Tratsch klingt, nach parallel verlaufender Verfehlung der angestrebten Schnittpunkte, oder nach Kuriosität, die keinen weiteren Sinn zu haben scheint. Desweiteren scheint der Autor sich selbst an der Konstellation zu versuchen, meint die Anordnung der Kapitel um ein, sich aus diesem ergebenden, Kern, vielleicht der Aussage. Das ist gewisslich nichts Schlechtes, nur manchmal etwas wirr wirkend, oder beliebig. Denn obzwar sich der Autor unanzweifelbar etwas dabei gedacht haben wird, es ist doch ein wenig Hin- und Herspringen dabei, was dem Lesevergnügen und der –Ausdauer etwas abträglich ist.
Daher es so schwer fällt ein Urteil zu sprechen. Man kann dies Buch empfehlen, jenen die Adorno interessiert, die etwas über jüngere Philosophiegeschichte und Philosophengeschichten eines Solchen jungen erfahren wollen. Einer Allgemeinheit des Durchschnitts, was auch immer diese nun bildet, kann es eigentlich nicht empfohlen werden. Aber wieso sollen jene, die an ihr Teil haben, nicht ihren Horizont erweitern dürfen? Und wieso sollten ohnehin Informierte an dem hier Vorzufindenden auch noch partizipieren, was sollen sie Ungelesenes darin entdecken können? Na ja, Obiges. Wen dies neugierig gemacht hat, dem sei dies Buch also empfohlen. Mit Nietzsche lässt sich vielleicht abschließend sagen, wenn auch bestimmt anders meinen, dass dieses ein Buch sein könnte, „für Alle und Keinen“.